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Keine Lohnanalysepflicht für Zürcher KMU

15. April 2024

Keine Lohnanalysepflicht für Zürcher KMU

Der Zürcher Kantonsrat lehnt die von Links und GLP geforderte Lohnanalysepflicht für KMU ab.
Mit einer Motion forderten Sozialdemokraten, Grünliberale, Grüne und Alternative Liste ein neues Gesetz, mit welchem im Kanton Zürich Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden einer Lohnanalysepflicht unterstellt werden.


Im Namen der FDP-Fraktion votierte Mario Senn gegen diesen Vorstoss:


"Sehr geehrter Herr Vizepräsident, sehr geehrte Frau Regierungsrat, sehr geehrte Damen und Herren

Vorab informiere ich über eine Interessenbindung: Ich bin Mitglied des Vorstands von Arbeitgeber Zürich VZH.


Finden Sie, dass folgende Faktoren lohnrelevant sein sollen?

  • Effektive Berufserfahrung inkl. Beschäftigungsgrad und Erwerbsunterbrüche
  • Sprach- und IT-Kenntnisse
  • Fachrichtung der Ausbildung
  • Weiterbildungen
  • Führungserfahrung
  • Arbeitszeitmodelle
  • Physische und psychische Belastungen


Wer sich ernsthaft einmal mit einem Lohnsystem auseinandergesetzt hat, weiss, dass diese Faktoren sehr zentral für die Lohnfestlegung sind. Sie sind allerdings nicht in der Lohnstrukturerhebung des Bundes enthalten, wie das zuständige Bundesamt für Statistik selber bestätigt. Die Lohnunterschiede gemäss Lohnstrukturerhebung werden deshalb überschätzt. Darauf wurde bereits mehrfach aus wissenschaftlicher Warte hingewiesen. Die aktuelle Lohnstrukturerhebung ist deshalb ein untaugliches Instrument, um daraus qualitative Rückschlüsse über die effektive Lohngleichheit zu ziehen.

Damit ist auch klar, dass die in der Motionsbegründung beklagten Differenzen nicht mit Diskriminierung gleichgesetzt werden dürfen. Das wäre schlicht populistisch und unseriös.

Nun, der Bund hat 2020 für Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden eine Lohnanalysepflicht eingeführt. Landauf, landab werden nun diese Analysen durchgeführt. Und was zeigt sich? Die Lohndifferenzen sind plötzlich minim klein, ja lösen sich häufig sogar in Luft auf. Auf Unternehmen heruntergebrochen zeigt sich, dass die unerklärten Lohnunterschiede höchstens im tiefen einstelligen Prozentbereich sind – und zwar in beide Richtungen, zu Gunsten von Männern und von Frauen. Vom Vorwurf der Lohndiskriminierung bleibt erst recht nichts mehr übrig. Die ganze Sache war also vor allem eine gigantische Arbeitsbeschaffungsmassnahme für Beratungsunternehmen.

Wir haben also Ergebnisse, die aus Optik Lohngleichheit positiv zu werten sind. Nun aber, weil nicht sein kann, was nicht sein darf, soll nun die Lohnanalysepflicht im Kanton Zürich noch ausgedehnt werden. Damit sollen zehntausende Zürcher KMU unter Verdacht gestellt und mit einer zusätzlichen Auflage piesackt werden. Ein eigentlicher «Zurich Finish», wobei in Zürich der unerklärte Anteil an Lohndifferenzen gemäss Lohnstrukturerhebung sogar kleiner ist als im Rest der Schweiz, wie die Volkswirtschaftsdirektion im Dezember 2022 eindrücklich aufgezeigt hat.


Nun aber ein paar allgemeine Gedanken zum Thema:

  1. Die FDP ist Verfechterin eines gesunden, nachhaltigen und gerechten Arbeits- und Werkplatzes Zürich. Dazu gehört selbstverständlich auch die Wahrung der Lohngleichheit für Frauen und Männer, sofern die Anforderungen und Tätigkeiten miteinander vergleichbar sind. Die Lohngleichheit ist vor allem auch ein wichtiger Bestandteil für ein gesundes Arbeitsklima in einer Unternehmung. In der Schweiz, wie auch in Zürich, sind wir in dieser glücklichen Situation.
  2. Für Liberale ist klar, dass Arbeitsverhältnisse grundsätzlich Privatsache sind. Wer findet, er oder sie werde zu gering entlöhnt, kann eine neue Stelle suchen – gerade bei der jetzigen tiefen Arbeitslosigkeit und bei dem sich abzeichnenden Arbeitskräftemangel ist das keine übertriebene Hürde. Es ist deshalb wirklich sehr erstaunlich, dass die GLP diese Motion mitunterzeichnet hat. Was soll daran liberal sein, die Zürcher Unternehmen unter einen Generalverdacht zu stellen und mit einer zusätzlichen Auflage, die zu völlig unnötigen administrativen Mehrkosten führt, zu belasten?
  3. Sie zur Linken behaupten ja regelmässig, Arbeitgeber wollten Arbeitnehmer nur auspressen und ihren Gewinn maximieren. Wenn es so einfach wäre, dass Frauen lohnmässig systematisch diskriminiert würden, dann wäre jedes Unternehmen dumm, das Männer einstellt. Denn die Frauen würden ja die gleiche Arbeit zu einem geringeren Lohn machen und das Unternehmen würde einen höheren Gewinn erzielen.


Die Motionärinnen wollen, dass der Kanton eine Vorbildfunktion beim Thema Lohngleichheit einnimmt. Dabei zeigt ein Blick auf die Lohnstrukturerhebung, dass der Kanton Zürich genau das bereits tut und schon vorbildlich ist. Für eine Ausdehnung der Lohnanalysepflicht besteht damit sicher kein Grund. Die FDP lehnt die Motion deshalb entschieden ab."


Der Kantonsrat lehnte die Motion am 15. April 2024 mit 90 zu 78 Stimmen ab. Dagegen stimmten neben der FDP auch SVP, Mitte und EVP.


Berichterstattung der NZZ.